Apéritif

Ich glaube, die Söhne wären gerne vom Skytower in Auckland gesprungen. 225 Dollar. Mir schien das zu teuer, das war am Anfang unserer Reise, da wußte ich noch nicht, daß in Neuseeland alles überall teuer ist. Die müssen ja fast alles importieren außer Schafen. Ein kleines Bier für elf Dollar! Geht’s noch? Neuseeland-Dollar nur, macht trotzdem über sieben Euro. Das geht vielleicht in Saint Tropez am Hafen, aber in Neuseeland? Queenstreet in Auckland, dachte ich, muß wohl die Reputation wie das Café de Paris in Saint Tropez haben, die können sich das rausnehmen. Das kleine Bier kostet überall in NZ elf Dollar. Meine Söhne durften schließlich in Queensstown von der Brücke springen. Kawarua Bridge Bungy. 43 Meter. Kawarua Bridge Bungy ist die erste kommerzielle Bungy-Installation überhaupt. 195 Dollar. Pro Kandidat. Weitere 90 die professionelle Film- und Fotodokumentation dazu. Auch pro Kandidat. Da hatte der Schwabe in mir schon längst resigniert. In NZ ist fast nichts umsonst. Das T-Shirt, I did it. Im merkantilen Wert von 20 Dollar immerhin. Mehr als tolle Erlebnisse kann man für Geld nicht bekommen. Die hatten die Söhne. Das T-Shirt werden sie ohnehin nur nachts tragen. Wenn überhaupt.

Ich könnte meinem Schwiegervater, Bildhauer, die Produktion von Making-of-Filmen vorschlagen. Als Ergänzung des künstlerischen Angebots. Immer wieder bekomme ich Mails geschrieben, wie nett das Video mit meiner Tochter wäre. Der Schwiegervater fertigt ein Porträt in Lehm an als Vorlage für den Bronzeguß. Könnte man sehr gut als Ergänzung zum Führerschein vermarkten, den Bronzeguß. Führerschein alleine zur Volljährigkeit reicht ja vielleicht nicht. Der Bronzeguß eher fürs Elternhaus. Nur so als Idee. Das Making-of dazu fast so gut wie ein Fotobuch über die letzten achtzehn Jahre. Zeitraffer. Zwei Stunden in zwei Minuten. Zusätzlich könnte man ein paar launige Kommentare vom Künstler selbst einspielen. Muß aber nicht sein. Musik vielleicht nach Wahl im Hintergrund. Kleiner Schwenk auf anwesende Familienangehörige, Mütter bringen sich gerne mal selbst ins Bild. Geht ab vierhundertneunundneunzig Euro. Nur um mal eine Größenordnung anzudeuten. Mehr als tolle Erlebnisse kann man für Geld nicht bekommen. Noch schöner, wenn sie bildlich festgehalten sind. Dokumentation auch bei Facebook, warum nicht. Auf USB-Stick oder zum Download bereitgestellt auf der Homepage neunundvierzig Euro extra. Darauf kommt’s dann auch nicht mehr an. Eine Führung durch die Porträt-Sammlung ist natürlich inbegriffen. Gratis. Irgendwas muß umsonst sein. Irgendwas umsonst macht den härtesten Schwaben weich. Abschließend Häppchen zu einem Gläschen Apéritif. Auch umsonst. Einer der Beteiligten müßte sich seine Verkehrstüchtigkeit bewahren. Der Führerscheinneuling zum Beispiel.

Nach entsprechender Terminabsprache würde ich als Bildtechniker dazu jeweils einfliegen.


© Bertram Diehl, 2017. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors.

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