Aila!
Das geht in Ordnung. Kann ich “abnicken”. Nehmen Sie sich, was Sie brauchen! Diesmal eben die “Hundescheiße”. Brauchen Sie wahrscheinlich nicht als separate Datei, können Sie wahrscheinlich einfach copy/paste zum Redigieren in Ihr Schreibprogramm holen. Oder direkt an Ihre Layouterin weitergeben. Ich habe den Text gestern noch ein bißchen nachgeschliffen.
Gestern habe ich viele Stunden auf Schwimmwettbewerben meiner Kinder verbracht. Vormittags der Elfjährige, nachmittags die Neunjährige. Beide in der Piscine municipale von Six-Fours. Six-Fours-les-Plages liegt von uns aus gesehen auf der anderen Seite von Toulon, westlich, grenzt an Sanary. Sanary und Bandol kennen Sie vielleicht, Six Fours wohl eher nicht. 19 Minuten von uns aus an einem Sonntag Morgen. Das geht noch. Saint Tropez wäre unangenehmer gewesen. Deutlich weiter weg. Auch an einem Sonntag Morgen. Zudem noch schlimmer das Schwimmbad. Noch kleinlicher, noch gammeliger. Überraschend kleinlich und gammelig für eine Stadt wie Saint Tropez! Wobei das von Six Fours schon schlimm ist. Das Schwimmbad in Six Fours sieht aus wie eine fliegende Untertasse, rund mit runden Oberlichtern wie Bullaugen. Wie ein UFO, gestrandet zwischen Fußballplatz und Einfamilienhäusern. Die vielen Lichtjahre durch abgelegene Galaxien und den einen oder anderen Asteroidengürtel haben unübersehbar Spuren hinterlassen. Der Hausmeister behilft sich angesichts knapper Subventionen mit Plastikfolie und Klebeband in Grellorange allenthalben. Vor allem an den Bullaugen.
Einlaß der Eltern 8:00 Uhr.
Abgesehen von der in den siebziger Jahren des letzten Jahrtausends vermutlich als avantgardistisch geltenden Architektur aus Stahl und Plastik ist die Ausstattung des Schwimmbads eindeutig rudimentär. Auch innen vorwiegend Plastik. Ziemlich klein. Keine Tribüne für die Zuschauer. Angehörige der Schwimmer sitzen auf zu eng gestellten Plastikstühlen direkt am Beckenrand. Vier Reihen. Keine Klimaanlage. Oder wenig Klimaanlage. Oder dysfunktionell. Was auch immer. Draußen T-Shirt-Wetter, Sonne, etwas Wind, zwanzig Grad, angenehmer Frühsommer. Drinnen haben sich Raumklima und Beckenwasser in einen physikalisch ausgeglichenen Zustand diffundiert. 29 Grad jeweils, Raumtemperatur und Beckenwasser. 100 Prozent Luftfeuchtigkeit. Fünf Mannschaften aus den Jahrgängen 2002 bis 2006, Trainer, Stoppuhren- und Klemmbrett-Träger. Vom Ehrgeiz gebissene Elternteile dazu. Quengelnde kleine Geschwister, die sich durch die Sitzreihen drängen ohne Blick auf Kaffee in Plastikbechern. Keifende Mütter. Trillerpfeifen. Ergibt in der Summe den Schalldruck einer startenden Concorde. Fast vier Stunden. Jeweils. Vormittags der Elfjährige, nachmittags die Neunjährige.
Sitzplatz immerhin in der letzten Reihe. Zwischen den Auftritten meiner Kinder massenhaft Zeit zum Nachschleifen online. Die “Hundescheiße” ist dabei noch ein paar Zeichen umfangreicher geworden. Jetzt 747 Wörter, über 5.200 Zeichen. Wo Sie mir nun mehr Platz lassen wollen, kriegen Sie das bestimmt hin. Im Zweifel kürzen Sie eben was weg. Oder wir verzichten auf das Bild. Sollen Ihre Leser doch einfach im Mai-Heft nachsehen, wenn sie wissen wollen, wie der Autor aussieht.
Ich habe Sie übrigens gegoogelt. Ich wollte auch mal wissen, mit wem ich es da zu tun habe. Von Ihnen gibt es in den Seiten Ihrer Zeitung leider nur ein briefmarkengroßes Bildchen. Im Gegensatz zu meinem megapixelstarken Portrait in Pickel-Auflösung für Ihre Leser. Von Ihnen habe ich nichts Derartiges gefunden. Dafür Bewegtbilder. Mit dem ZDF in Cannes. Und vor dem Château von Angelina und Brad. Wäre natürlich toll gewesen, wenigstens einen davon vor die Kamera zu kriegen. Brad am besten, der gerade den Rasen mäht. Mit nacktem Oberkörper zu einem Tee mit kleinem Selbstgebackenem einlädt. Hi, Aila, nice to see you! Das hätte das Team vom ZDF wirklich beeindruckt. Stattdessen nur einsilbige Türsteher. Mit Spiraldraht vom Ohr in den Kragen. Aber immerhin: Original-Türsteher von Angelina und Brad setzen sich original unwirsch in Szene.
Apropos Angelina und Brad: Die sind doch bestimmt auch gerade im Lande. Der Festspiele in Cannes wegen. Die und ihre Freunde. Meinen Sie nicht, Ihre Chefin könnte mir statt Honorar für die “Hundescheiße” Zugang zu hautnaher Sicht auf den einen oder anderen Star vermitteln? Damit könnte ich meinerseits zumindest meine Frau ernsthaft beeindrucken! Glaube ich.
Mit besten Grüßen!
© Bertram Diehl 2015. Abdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors.
bertram@diehl.fr