Shizuishan

Guten Mor­gen,

Deckard­dip, Grok­Vock, Dome­niksi und Ali­mabum! Ich freue mich, Euch zu mei­nen Abon­nen­ten zäh­len zu dür­fen. Wahr­schein­lich seit Ihr Freunde von Abbas­row, Alipi und Klif­fet. Und da sind noch viele mehr. Ich habe Leser in ganz Russ­land!

葉卡捷琳堡. Jeka­te­rin­burg. Habe ich schon mal gehört. Russ­land. Links unten. Noch vier Stun­den und zwei­und­drei­ßig Minu­ten, 2392 Mei­len. Wir flie­gen auf einer Höhe von 34.000 Fuß. Die Geschwin­dig­keit liegt aktu­ell bei 529 mph. Vor ein paar Stun­den war links unten Novo­si­birsk (新西伯利亚). Etwas wei­ter Omsk, auch links. Und Sur­gut. Nie gehört. Rechts. Die Außen­tem­pe­ra­tur liegt bei minus 67 Grad. Fah­ren­heit. In Cel­sius macht das minus 55. Wie auch immer ziem­lich kalt. Der Flie­ger von Cathay Paci­fic wird um sechs Uhr mor­gens in Lon­don (伦敦) lan­den. Cathay Paci­fic ist eine Flug­ge­sell­schaft mit Sitz in Hong­kong. Die Filme in der Rücken­lehne des Vor­der­manns sind meist chi­ne­sisch unter­ti­telt. Die Städte auf dem Flight-tracking-Bild­schirm sind abwech­selnd eng­lisch und chi­ne­sisch beschrif­tet. 莫斯科 (Mos­kau) da unten im Dun­keln.

Bestimmt sitzt Ihr und die in letz­ter Zeit so zahl­rei­chen Neu-Abo­nenn­ten mei­nes Blogs da unten irgendwo. Mit dem Tol­stoi-Zitat habe ich ver­mut­lich den einen oder ande­ren Deutsch­kurs der dor­ti­gen Volks­hoch­schule ange­lockt. Oder einen Online-Kurs. Dabei seid Ihr, die Ihr Euch ange­mel­det habt, bestimmt nur die Spitze des Eis­bergs. Die Klas­sen­bes­ten. Die sich auch nicht von den Rechen­auf­ga­ben mei­nes Cap­t­cha-Plugins ver­wir­ren las­sen. XII – acht = ?. Robo­ter schaf­fen sowas nicht, denke ich. Ihr seid zwei­fel­los – несомненно – echte Men­schen. Mit ech­ten Adres­sen bei mail​.ru, kobka-​2018@​mail.​ru und skorobogat.​eva@​mail.​ru zum Bei­spiel. Dabei ist bekannt, daß sich die meis­ten Leser sich nicht die Mühe machen mit einer Anmel­dung. Viele, die meis­ten eben, kli­cken das mal an, weil sie gerade nichts Bes­se­res zu tun haben. Oder weil die Leh­re­rin ihres Deutsch­kur­ses das emp­foh­len hat. Füh­len sich aber nicht ange­spro­chen. Ver­stehe ich. Loriot ist viel­leicht sehr spe­zi­el­ler deut­scher Humor. Ich kann auch nicht jeden Blog aus­hal­ten. Trotz­dem, rus­si­sche Volks­hoch­schul­schü­ler sind brave Schü­ler. Wenn Eure Leh­re­rin sagt, schaut Euch das mal an, schaut Ihr Euch das mal an. Über tau­send in ein paar Tagen. Das schaf­fen andere Texte nicht.

Prag links und Ber­lin, Ham­burg. Im Hin­ter­grund, auch links natür­lich, am Hori­zont, Mün­chen und sogar Basel. Ob man wirk­lich alle diese Städte sehen könnte aus über zehn Kilo­me­ter Höhe? Gro­nin­gen rechts. Nie­der­lande. Bin ich vor vie­len Jah­ren mal durch gekom­men auf dem Weg an die Nord­see. Man­che IP-Adres­sen ver­or­tet das Word­Press-Plugin nach Hol­land. Das kann ich ver­ste­hen. Das sind die Leser, die auch im Kurz­ur­laub an der Nord­see nicht auf mich ver­zich­ten wol­len. Außer­dem spre­chen alle Hol­län­der flie­ßend deutsch.

Rechts immer mehr deut­sche Städte: Güters­loh, Koblenz (科布倫茨), Aachen. Güters­loh! 居特斯洛. Wieso gerade Güters­loh? Warum nicht Unna? Oder Moers? Egal. Die Ankunft in Lon­don in weni­ger als einer Stunde.

In Koblenz und Köln habe ich ein paar Abon­nen­ten. Zeigt mir der Plugin. Haben für meine Ohren nor­male Namen. Bei gän­gi­gen Anbie­tern. "Ladya­tott" gehört da schon zu den Exo­ten – nichts für ungut, Ladya­tott. Abon­nen­ten krie­gen eine Mail, wenn ein neuer Bei­trag auf mei­ner Seite erscheint. Ganz Russ­land wird nun von auto­ma­ti­schen Mails über­schwemmt. mail​.ru muß sowas sein wie yahoo oder web​.de. Aus­schließ­lich kyril­li­sche Zei­chen aller­dings. Weni­ger bunt. Man kann sich da ein Post­fach holen, allein­er­zie­her war noch frei. Oben ein Such­feld. найти – fin­den. Ein Tol­stoi-Zitat im Text und schon wird man im Quell­text-Fun­dus des Rus­sen-google regis­triert. Sichert mir ein Mil­lio­nen­pu­bli­kum. 居特斯洛 im Text bringt ver­mut­lich den Zugang zu ehr­gei­zi­gen Schü­lern zahl­lo­ser Deutsch­kurse der Volks­re­pu­blik China.

Schöne Grüße nach Novo­si­birsk. Und Shi­zuis­han.


© Bertram Diehl, 2017. Abdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit aus­drück­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

bertram@​diehl.​fr

Cherepkivtsi

Все счастливые семьи похожи друг на друга, каждая несчастливая семья несчастлива по-своему. Tol­stoi. Im Ori­gi­nal. Anna Kare­nina. Die ers­ten Zei­len. Alle glück­li­chen Fami­lien glei­chen ein­an­der, jede unglück­li­che Fami­lie ist auf ihre eigene Weise unglück­lich. Ich kann nur die­sen einen Satz rus­sisch. Win­ter 1983. Auf dem Weg von Rumä­nien nach Polen. Nachts um eins mußte ich im ers­ten Bahn­hof auf der sowje­ti­schen Seite aus­stei­gen. Hatte kein Visum. Man hatte mir gesagt, im betref­fen­den Zug bräuchte man kein Visum, weil der abge­schlos­sen ein­fach durch die Sowjet­union durch­fah­ren würde bis Polen. Habe ich geglaubt. Auch glau­ben wol­len. Ziem­lich blau­äu­gig.

Her­mann?

Ich heiße nicht Her­mann. Könnte aber sein. Mei­nen Eltern waren alle mög­li­chen denk­wür­di­gen Vor­na­men für ihre Söhne zuzu­trauen. Egal. Her­mann sitzt in sei­nem Ses­sel und macht nichts. Sitzt da und guckt. Denkt viel­leicht was. Im Hin­ter­grund wirkt die Gat­tin in der Küche, die Tür halb geschlos­sen, trip­pelt von rechts nach links.

Ja?

Was machst du da?

Wie meint sie das? Ich sitze da und mache nichts. Denke viel­leicht was. Obwohl, den­ken? Ich habe Bil­der vom letz­ten Ski-Urlaub vor Augen, Vor­stel­lun­gen von der bevor­ste­hen­den Reise nach Neu­see­land. Sowas. Ist das den­ken? Muß ich jetzt dar­über reden?

Nichts.

Nichts? Wieso nichts?

Muß ich denn immer was machen? Die ganze Zeit mache ich irgend­was. Arbei­ten, Haus­auf­ga­ben, Müll­raus­brin­gen. Ein­mal muß auch Pause sein dür­fen. Sit­zen ohne machen.

Ich mache nichts.

Gar nichts?

Nein.

In zehn Tagen flie­gen wir nach Neu­see­land. Wir tref­fen den Erst­ge­bo­re­nen und fei­ern die Hoch­zeit von Isa­bel­les und Jéjés Sohn. Wir wer­den Vul­kane sehen, in hei­ßen Quel­len am Strand baden, den einen oder ande­ren Ori­gi­nal­schau­platz aus Herr der Ringe besich­ti­gen. Drei­tau­send Kilo­me­ter fah­ren von Auck­land im Nor­den nach Queens­town im Süden. Die Land­schaft wird unglaub­lich schön sein. Sagen alle, die schon mal dort waren. Ziem­lich viel Schafe, ein paar Spu­ren von Urein­woh­nern. Kiwis. Wir wer­den Bil­der davon machen. Mit Land­schaft und Scha­fen. Meine Frau wird Sel­fies machen. Ich werde lächeln.

Über­haupt nichts?

Nein, ich sitze hier.

Du sitzt da?

Ja.

Aber irgend­was machst du doch?

Nein.

Denkst du irgend­was?

Ich hatte zur Sicher­heit doch ein paar Stan­gen Ziga­ret­ten – Kent, die wei­ßen von Kent – mit­ge­nom­men. Und ein paar Pfund Boh­nen­kaf­fee von Aldi. Gegen Kent, die wei­ßen von Kent, und Kaf­fee­boh­nen konnte man im spät­so­zia­lis­ti­schen Rumä­nien alles bekom­men, was es eigent­lich nicht gab. Mäd­chen wür­den ihre Unschuld dafür her­ge­ben, hieß es. Mit ein paar Nylon­strümp­fen als Zugabe. Ich hatte nie Nylon­strümpfe dabei. Schon weil ich mir nicht vor­stel­len konnte, daß die Mäd­chen, die mich inter­es­sier­ten, für ein paar Schach­teln Ziga­ret­ten und Nylon­strümpfe zu haben wären. Und die Mäd­chen, die viel­leicht für ein paar Schach­teln Ziga­ret­ten und Nylon­strümpfe zu haben gewe­sen wären, inter­es­sier­ten mich nicht.

Nichts beson­de­res.

Es könnte ja nicht scha­den, wenn du mal etwas spa­zie­ren gin­gest.

Nein, nein.

Letz­tes Jahr reis­ten unsere Musik­er­freunde wäh­rend der glei­chen zwei Wochen Febru­ar­fe­rien nach Indien. Zur Ein­stim­mung und Vor­be­rei­tung hat­ten sie sich zu Weih­nach­ten präch­tige Bild­bände geschenkt und ein paar Rei­se­füh­rer. Lei­der wäre die Reise bei­nahe schon in Paris zu Ende gewe­sen. Ohne Visa darf man nicht in den Flie­ger. Sie hat­ten ver­säumt, ihre schö­nen Rei­se­füh­rer auch zu lesen. Die Kapi­tel "Prak­ti­sche Hin­weise". Musi­ker eben. So etwas würde mei­ner Frau und mir nie pas­sie­ren. Dachte ich damals noch. Mir viel­leicht, nicht mei­ner Frau.

Ich bringe dir dei­nen Man­tel.

Nein, danke.

Aber es ist zu kalt ohne Man­tel.

Im Zug nach Posen bekam die erst­beste Uni­form zur Sicher­heit ein paar Schach­teln Kent. Das war der rumä­ni­sche Schaff­ner. Unnö­tige Ver­schwen­dung, dachte ich mir dann. Mein Rück­fahr-Ticket ers­ter Klasse Schlaf­wa­gen für umge­rech­net sech­zehn Mark war ohne­hin in Ord­nung. Zu spät. Mein Abteil war erstaun­lich sau­ber. Und erstaun­lich warm. Die Fens­ter konnte man nicht öff­nen. Na also, dachte ich. Stimmt ja wohl mit dem abge­schlos­se­nen Zug durch die Sowjet­union. Nicht wirk­lich viel spä­ter hielt der Zug im Nir­gendwo. Ringsum nur Schnee im Mond­schein. Wahr­schein­lich war das die Grenze zur Ukraine.

Ich gehe ja nicht spa­zie­ren.

Aber eben woll­test du doch noch?

Nein, du woll­test, daß ich spa­zie­ren gehe.

Ich? Mir ist es doch völ­lig egal, ob du spa­zie­ren gehst.

Die nächs­ten Uni­for­men waren sowje­ti­sche. Woll­ten meine Papiere sehen. Ich hatte keine außer mei­nem Paß, dem Schlaf­wa­gen­ti­cket und einer selbst­ge­fälsch­ten rumä­ni­schen Aus­rei­se­er­laub­nis. Per­so­nal­aus­weis, Füh­rer­schein? Woll­ten sie nicht. Meine Kaf­fee­boh­nen und meine Kent wink­ten sie rou­ti­niert ab. Über­zeugte Patrio­ten. Ich mußte erken­nen, daß meine exo­ti­sche Ziga­ret­ten­marke nur in Rumä­nien Wun­der bewir­ken konnte. Auch meine Camel zum Eigen­be­darf konn­ten das feh­lende Tran­sit­vi­sum lei­der nicht erset­zen.

Gut.

Ich meine nur, es könnte dir nicht scha­den, wenn du mal spa­zie­ren gehen wür­dest.

Nein, scha­den könnte es nicht.

Meine Frau kann es nur ganz schlecht aus­hal­ten, wenn sie alleine "im Haus was machen muß" – Wäsche, wischen, kochen. Als ob ich nie was im Haus machen würde – Wäsche, wischen, kochen. Wenn sie wischt, werde ich meis­tens dazu ange­hal­ten, die Asche aus dem Kamin zu holen oder mich wenigs­tens um das Mit­tag­essen zu küm­mern. Wenigs­tens. Und wann ich denn mal wie­der was schrei­ben würde in mei­nem Blog. Mir fällt eben nichts mehr ein. Demenz würde nicht unbe­dingt zur Krank­heit gehö­ren, meint sie. Bra­dy­phre­nie aber, erwi­dere ich. Das Den­ken geht noch, aber lang­sa­mer.

Also, was willst du denn nun?

Ich möchte hier sit­zen.

Du kannst einen ja wahn­sin­nig machen.

Ach.

Im nächs­ten Bahn­hof mußte ich aus­stei­gen. Und saß dann in Was-weiß-ich-wo jen­seits der rumä­ni­schen Grenze. Den Namen der Sta­tion habe ich ver­ges­sen, wenn ich ihn über­haupt mal kannte. Wahr­schein­lich Che­rep­kivtsi. Mußte auf den Zug zurück nach Suceava war­ten. Die rie­sige Bahn­hofs­halle war warm, fast zu warm. Ich mußte eine neue Fahr­karte kau­fen gegen schöne Dol­lars zum offi­zi­el­len Kurs. Bekam gegen mei­nen Zwan­zig-Dol­lar-Schein keine Rubel, son­dern nur ein paar rumä­ni­sche Mün­zen und eine spe­ckige zehn-Lei-Note zurück. Rubel als Wech­sel­geld würde ich ja ohne­hin nicht aus­füh­ren dür­fen. Lehr­geld. Bis zur Abfahrt mei­nes Zugs zurück hatte ich noch gut drei Stun­den zu war­ten.

Erst willst du spa­zie­ren gehen, dann wie­der nicht. Dann soll ich dei­nen Man­tel holen, dann wie­der nicht. Was denn nun?

Ich möchte hier sit­zen.

Und jetzt möch­test du plötz­lich da sit­zen.

Gar nicht plötz­lich. Ich wollte immer nur hier sit­zen.

Was willst du eigent­lich in Neu­see­land, wollte ich von mei­nem Erst­ge­bo­re­nen wis­sen. Da gibt's doch nichts außer Scha­fen, Hob­bits und Bun­gee-Sprin­ger. Mein Sohn wider­sprach ganz ent­schie­den. Die Natur! Ok, das sagen sie alle. Und vor allem, Neu­see­land wäre ja auf der Süd­halb­ku­gel. Wenn ihr es hier kalt und unan­ge­nehm habt, habe ich den schöns­ten Som­mer, warm und Sonne. Süd­halb­ku­gel stimmt. Auck­land im Nor­den ist vom Äqua­tor so weit ent­fernt wie zum Bei­spiel Tunis. Queens­town im Süden wie Lyon. Der Som­mer dort hat jedoch nichts mit dem Som­mer von Tunis oder Lyon gemein­sam. Kli­ma­mä­ßig. Eher Dub­lin oder Hel­sinki. Unter 25 Grad. Regen jeden zwei­ten Tag. Von wegen Som­mer. Ich glaube, mein Sohn wollte ein­fach nur ganz weit weg.

Sit­zen?

Ich möchte hier sit­zen und mich ent­span­nen.

Wenn du dich wirk­lich ent­span­nen woll­test, wür­dest du nicht dau­ernd auf mich ein­re­den.

Ich sag’ ja nichts mehr.

Die War­te­zeit störte mich nicht wei­ter, ich saß ja schön im War­men und hatte was zu lesen dabei. Anna Kare­nina. Und kam ins Gespräch mit gelan­ge­weil­tem uni­for­mier­tem Per­so­nal, soweit mein noch sehr kom­pak­ter rumä­ni­scher Wort­schatz das eben zuließ. Wir plau­der­ten über Rumä­nien, Ceaușescu, das erbärm­li­che Leben im rumä­ni­schen Sozia­lis­mus, meine Fami­lie in Deutsch­land. Und natür­lich über Tol­stoi.

Jetzt hät­test du doch mal Zeit, irgend­was zu tun, was dir Spaß macht.

Ja.

Liest du was?

Die Ath­mo­sphäre war nett. Ent­spannt. Lew Niko­la­je­witsch Tol­stoi gehört zu den größ­ten Schrift­stel­lern aller Zei­ten. Wir waren uns einig. Wahr­schein­lich war ich der erste Kapi­ta­list, der seit dem Krieg in die­sem Grenz­bahn­hof aus­ge­stie­gen war. Einer der Beam­ten schrieb mir die ers­ten Zei­len auf rus­sisch in mein Buch. Glaubte ich zumin­dest. Hat er mir zumin­dest als den Ori­gi­nal­text ver­kauft. Aber, wie gesagt, ich war ja blau­äu­gig. Das war dem Per­so­nal sicher auch auf­ge­fal­len. Will ohne Visum durch die Sowjet­union! Blau­äu­gi­ger geht ja wohl gar nicht!

Im Moment nicht.

Dann lies doch mal was.

Nach­her. Nach­her viel­leicht.

Hol dir doch die Illus­trier­ten.

Ich möchte erst noch etwas hier sit­zen.

Vor ein paar Tagen ist mei­ner Frau beim Stu­dium der prak­ti­schen Sei­ten des Rei­se­füh­rers sie­dendheiß auf­ge­fal­len, daß wir für Neu­see­land inter­na­tio­nale Füh­rer­scheine benö­ti­gen. Zu unse­ren deut­schen Füh­rer­schein­kar­ten stellt uns das nie­mand aus. Nicht mal das Kon­su­lat in Mar­seille kann hel­fen. Wenn Sie kei­nen Wohn­sitz in Deutsch­land mehr haben, müs­sen Sie Ihren deut­schen Füh­rer­schein gegen einen fran­zö­si­schen ein­tau­schen. Und sich dann dazu einen inter­na­tio­na­len holen. Geschätz­ter zeit­li­cher Auf­wand drei Monate. Alter­na­tiv dazu rei­chen auch auto­ri­sierte Über­set­zun­gen. In Neu­see­land auto­ri­sierte Über­set­zun­gen. Die man vor Ort wahr­schein­lich inner­halb von ein paar Stun­den haben könnte. Man würde Tou­ris­ten ja nicht mit läp­pi­schen For­ma­li­tä­ten ver­grau­len. Die haben ja nichts außer Scha­fen, Hob­bits und Tou­ris­ten. Meine Frau wollte es jedoch nicht dar­auf ankom­men las­sen.

Soll ich sie dir holen?

Nein, nein, vie­len Dank.

Will der Herr sich auch noch bedie­nen las­sen, was? Ich renne den gan­zen Tag hin und her. Du könn­test wohl ein­mal auf­ste­hen und dir die Illus­trier­ten holen.

Ich möchte jetzt nicht lesen.

Mal möch­test du lesen, mal nicht.

Der Ober­auf­se­he­rin im Bahn­hof, erkennt­lich an mehr Pelz an der Mütze, Ster­nen auf den Schul­tern und kli­schee­kon­for­mem Auf­se­her­auf­tre­ten, gefiel die offen­sicht­li­che Fra­ter­ni­sie­rung ihres Per­so­nals mit dem Ein­dring­ling aus kapi­ta­lis­ti­schem Aus­land nicht. Sie ver­bannte mich in eine immer noch große, aber zugige Vor­halle. Unbe­heizt. Kon­ti­nen­tal­win­ter. Meine rudi­men­tä­ren Rus­sisch­kennt­nisse sind hart erkauft.

Ich möchte ein­fach hier sit­zen.

Du kannst doch tun, was dir Spaß macht.

Das tue ich ja.

Dann quen­gel doch nicht dau­ernd so rum. Her­mann? … Bist du taub?

Nein, nein.

Все счастливые семьи похожи друг на друга, каждая несчастливая семья несчастлива по-своему – Nie­der mit der kom­mu­nis­ti­schen Par­tei Rumä­ni­ens und dem ein­ge­bil­de­ten Schus­ter­lehr­ling an ihrer Spitze! Hätte auch sein kön­nen. 1983 gab es google noch nicht. In die­sem Fall hät­ten im Rah­men einer vor­stell­ba­ren Aus­ein­an­der­set­zung mit rumä­ni­schen Grenz­be­am­ten meine Kaf­fee­boh­nen von Aldi und die exo­ti­schen Ziga­ret­ten zum schla­gen­den Argu­ment wer­den kön­nen. Hat aber kei­ner kon­trol­liert. Der rumä­ni­sche Zoll­be­amte inter­es­sierte sich nicht für fremd­sprach­li­che Lite­ra­tur.

Du tust eben nicht, was dir Spaß macht. Statt­des­sen sitzt du da.

Ich sitze hier, weil es mir Spaß macht.

Sei doch nicht gleich so aggres­siv.

Ich bin doch nicht aggres­siv.

Warum schreist du mich dann so an?

ICH SCHREIE DICH NICHT AN!

32 (zwei­und­drei­ßig) Stun­den dau­ert die Reise nach Auck­land. Viel­leicht fällt mir unter­wegs was für den Blog ein.


© Bertram Diehl, 2017. Abdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit aus­drück­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

bertram@​diehl.​fr

Big Five

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Lauer Früh­som­mer-Abend. Ich sitze mit mei­nem Erst­ge­bo­re­nen auf der Ter­rasse bei einem Glas Wein. Der Rest der Fami­lie ist in der Küche beschäf­tigt. Dezente Geräusch­ku­lisse, die Toch­ter erzählt was aus der Reit­stunde. Das Leben fühlt sich gera­dezu ent­spannt an. Alles ist gut. Plötz­lich steht da ein Kol­lege aus dem Kran­ken­haus auf der Ter­rasse. Mit einem selbst­ge­mach­ten Kuchen in der Hand. Sieht ziem­lich impro­vi­siert aus der Kuchen. Gelb. Zitrone ver­mut­lich. Mit einer Zeich­nung im Gel­ben. Und einer Kerze drauf. Ich kann nicht erken­nen, was die Zeich­nung dar­stel­len soll.

Im SPIEGEL, des­sen Print­aus­gabe wir lange abon­niert hat­ten und der uns immer erst Diens­tag oder Mitt­woch, je nach zen­tral­eu­ro­päi­scher Fei­er­tags­kon­stel­la­tion auch erst mal Sams­tag erreichte statt damals eigent­lich Mon­tag, in einer der letz­ten Aus­ga­ben unse­res Abon­ne­ments, Heft 34 von 2012, ging es um den "Tri­umph der Unauf­fäl­li­gen – Warum Intro­ver­tierte zu oft unter­schätzt wer­den". Ich fühlte mich ange­spro­chen, obwohl ich mir bezüg­lich der Inhalts­schwere des Arti­kels keine beson­de­ren Hoff­nun­gen machte. Som­mer­loch­thema. Und: Wer hat mich schon mal unter­schätzt? Wann oder wo habe ich tri­um­phiert? Der Arti­kel fing an mit ande­ren Intro­ver­tier­ten. Ein­stein. Scho­pen­hauer. Immer­hin. Es gibt sogar Schau­spie­ler, die als intro­ver­tiert gel­ten. Ich bin in guter Gesell­schaft. Viel­leicht kommt das ja noch mit dem Tri­umph. Dazu gab es im SPIEGEL einen Test. Eigent­lich sehr ver­däch­tig. Psy­cho­tests sind mehr das Niveau von Fern­seh­zeit­schrif­ten, von Bri­gitte, Bunte und Stern. So weg­wei­send wie Horo­skope. Sagt ein Pro­fes­sor aus Ber­lin bei SPIEGEL ONLINE. Hätte ich aber auch so ver­mu­tet.

Wo kann ich das mal hin­stel­len? Gefällt mir nicht, dass der da steht mit sei­nem gel­ben Kuchen. Was will der hier? Hat den jemand ein­ge­la­den? War der nicht über­haupt krank­ge­schrie­ben? Und was soll das mit die­ser Kerze? Wie nur werde ich den wie­der los? Am bes­ten mit sei­nem Kuchen. Bloß nicht hin­stel­len! Mei­nem Sohn fällt auch nichts ein dazu. Grinst nur. Schul­ter­zu­cken. Er scheint das komisch zu fin­den.

Der Test des SPIEGEL bestand aus gut drei­ßig Aus­sa­gen, die man als für sich zutref­fend ankreu­zen konnte. Ich habe die­sen Test absol­viert. Das Ergeb­nis war ein­deu­tig. Aus­sage 3 zum Bei­spiel: "Meine Gedan­ken wer­den mir selbst leich­ter deut­lich, wenn ich sie ande­ren gegen­über äußere". Erst­mal los­re­den, viel­leicht ver­stehe ich dann, was ich da denke. Nein, ist nicht für mich. Ich kenne sol­che Leute. Und Leute, die manch­mal so sind. Sind oft die sel­ben wie die aus Aus­sage 7: "Men­schen, die schnell reden, stren­gen mich an". Stimmt. Wer kann Men­schen, die ohne Unter­lass reden und nicht eine Sekunde zuhö­ren kön­nen, schon lange aus­hal­ten? Oder Aus­sage 17: "Ich denke nicht viel dar­über nach, was in ande­ren vor­geht". Kann ich auch nicht ankreu­zen. Bei Men­schen, die mir nahe­ste­hen, ist mir schon wich­tig, wie es ihnen geht. Sogar bei Pati­en­ten pas­siert mir das hin und wie­der. – Ich habe ziel­si­cher alle fünf­zehn Ant­wor­ten für die Intro­ver­tier­ten als für mich zutref­fend emp­fun­den. Für die Autoren des Tests hätte eine Über­zahl von drei Aus­sa­gen für die Zuord­nung gereicht. Immer­hin konnte ich zwei Extro-Punkte ver­bu­chen, die mich ver­mut­lich vor einem Sta­tus als Autist bewah­ren. Aus­sage 5: "Ich handle lie­ber zügig und 'aus dem Bauch her­aus', als lange nach­zu­den­ken". Inter­nis­ten den­ken gerne mal lange nach und auch Psych­ia­ter geben sich eher bedäch­tig. In der Anäs­the­sie kann man sich lan­ges Nach­den­ken oft nicht erlau­ben. Und Aus­sage 19: "Neue Orte und Umge­bun­gen finde ich anre­gend". Ist auch zutref­fend, solange das nicht zu viele andere Men­schen auch fin­den, Aus­sage 9: "wenn ich kann, meide ich große Men­schen­men­gen".

Plötz­lich ist die ganz Ter­rasse voll mit Men­schen. Alle haben so einen gel­ben Kuchen in der Hand. Alle mit Kerze. Alle mit Zeich­nung in rot. Die Zeich­nun­gen sind Smi­leys, erkenne ich mit einem Mal. Rote Smi­leys auf gel­bem Grund. Wie wahn­sin­nig wit­zig! Und ich soll Humor bewei­sen, wo ich doch Smi­leys als uner­träg­lich über­flüs­sig emp­finde in ihrer All­ge­gen­wär­tig­keit. Bestimmt sind das alles Freunde, denke ich mir, die sich einen Scherz mit mir erlau­ben. Musik dazu, ziem­lich laut. Sie sin­gen "Joyeux anni­ver­saire". Und mei­nen mich. Über­ra­schungs­fete. Jetzt ver­stehe ich den Hin­weis mei­ner Frau: lass' dich doch ein­fach mal über­ra­schen. Sei­gneur Dieu! Bleibt mir denn nichts erspart? Ein Ticket auf die Äuße­ren Hebri­den wäre eine schöne Über­ra­schung gewe­sen.

Auch bei der ZEIT stößt man immer wie­der auf psy­cho­lo­gi­sche Inhalte. Psy­cho­lo­gie im all­ge­mei­nen ist jour­na­lis­tisch ergie­bige The­ma­tik. Extro­ver­sion gehört zu den Big Five im per­sön­lich­keits­psy­cho­lo­gi­schen Stan­dard­mo­dell. Anfang April schrieb ein Lars Fischer über die Resul­tate einer wis­sen­schaft­li­chen Arbeits­gruppe, die den Ein­fluss der Per­sön­lich­keits­struk­tur auf die Tole­ranz gegen­über man­gel­haf­ter Gram­ma­tik und Recht­schrei­bung unter­suchte. Men­schen, die sich an feh­ler­haf­ter oder "unkon­ven­tio­nel­ler" Recht­schrei­bung stö­ren, sind wahr­schein­lich eher intro­ver­tiert. Nicht, dass ich mir mei­ner ortho­gra­phi­schen Kennt­nisse fel­sen­fest sicher wäre, aber ich gebe mir Mühe. Mich stö­ren falsch geschrie­bene Worte. Unter "unkon­ven­tio­nell" ver­steht die Arbeits­gruppe ver­mut­lich sowas wie Emo­ti­cons. Mag ich nicht so. An Feh­lern in der Gram­ma­tik stö­ren sich eher Men­schen ten­den­zi­ell gerin­ge­rer Ver­träg­lich­keit. Die Ver­träg­lich­keit gehört auch zu den Big Five. So rich­tig gut finde ich fal­sche Sätze aller­dings auch nicht.

Es kommt noch schlim­mer, mit einem Mal habe ich ein Mikro­fon in der Hand. Ich soll was sin­gen. No me mirès màs. Ein Titel von Kendji, der seit Mona­ten zehn Mal am Tag im Radio läuft. Karaōke. Der Erd­bo­den soll mich ver­schlu­cken, bitte, jetzt! Das schaffst du, Papo­u­net, sagt die Toch­ter. Sagt sie immer­hin auf deutsch. Sonst spricht sie lie­ber fran­zö­sisch.

05:50 Uhr. Der Wecker. Es hätte wirk­lich schlimm kom­men kön­nen.


© Bertram Diehl, 2016. Abdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit aus­drück­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

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Katzenbild

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Salut Chris­tine,

ich war ja bes­ten Wil­lens, ehr­lich, Ihnen doch früh­zei­tig zu ant­wor­ten, letz­ten Don­ners­tag noch, wohl wis­send, daß sich über das Wochen­ende keine Zeit­fens­ter mehr auf­tun wür­den. Aber einer­seits wollte ich vor­her Ihren Duval – "Mör­de­ri­sche Côte d'Azur" – fer­tig gele­sen haben und ande­rer­seits hatte ich schließ­lich doch noch zu tun in die­sem Dienst. Geburts­hilfe. Epi­du­ral­ka­the­ter. Drei davon, der erste gegen elf, dann noch zwei zwi­schen Auf­lö­sung und Epi­log. Am Ende war es halb zwei Uhr nachts, defi­ni­tiv nicht mehr der Zeit­punkt, was zu schrei­ben. Höchs­tens ein klei­nes Sor­ti­ment Emo­ti­cons, Erschöp­fung zum Bei­spiel zum Aus­druck brin­gend. Oder Aner­ken­nung, net­ter Krimi! Außer­dem hatte ich ein ungu­tes Gefühl zum Geburts­ver­lauf für zumin­det eine der Damen. Fünf Uhr spä­tes­tens, war meine Pro­gnose, bekäme die kleine Dicke mit Hohl­kreuz aus Saal drei ihren Kai­ser­schnitt. Am bes­ten also schnell noch was schla­fen bis dahin. Manch­mal kommt es schlim­mer als man denkt. Don­ners­tag Nacht kam es schlim­mer. Erst die aus Saal zwei, weil es dem Baby nicht mehr so gut ging. Die Herz­töne. Zu schnell das kleine Herz im Basis­rhyth­mus, zwi­schen­durch zu lang­sam. Klare Indi­ka­tion. 03:20 Uhr. Mit dem Gynä­ko­lo­gen von Don­ners­tag Nacht, Gil­les, dem Chef de ser­vice, dau­ert Kai­ser­schnitt eine knappe Stunde. Ein­schließ­lich An- und Abtrans­port der Dame. Das geht. Andere sind weni­ger schnell. Danach war auch die kleine Dicke mit Hohl­kreuz aus Saal drei soweit. Ganz gut, meine Pro­gnose. Schwa­cher Trost. Still­stand seit gut zwei Stun­den. Auch eine klare Indi­ka­tion zum Kai­ser­schnitt. Den Rest des Tages komme ich nach sol­chen Näch­ten nicht über den All­ge­mein­zu­stand eines Zom­bies hin­aus. Intel­lek­tu­ell gefühlt auf einem Niveau knapp über dem einer Katze zum Bei­spiel. Reicht für Inter­mar­ché, Wäsche fal­ten und Müll­ei­mer raus­brin­gen. Schon Auto­fah­ren dabei äußerst risi­ko­be­haf­tet. Am Mon­tag vor den Ferien erst hatte ich das erlebt. Beim Abho­len der Kin­der von der Schule. Den Klein­wa­gen vor mir ein­fach nicht gese­hen. Oder schon nach links abge­bo­gen ver­mu­tet. Nicht gese­hen, daß er statt­des­sen auf hal­ber Stre­cke ste­hen geblie­ben war. Es war knapp, kein gra­vie­ren­der Scha­den. Der Stoß­fän­ger des Klein­wa­gens ein­mal über die Länge mei­ner Fah­rer­seite geschrammt. Wie auch immer, kein Zeit­fens­ter am Frei­tag. Kat­zen oder so schrei­ben nicht.

Léon, der Kom­mis­sar, ist ein net­ter Typ. Daß die Mut­ter sei­ner Kin­der Distanz zu ihm schafft, weil er eben diese Kin­der glatt zu ver­ges­sen neigt, kann man ihr nicht übel neh­men. Neu­gie­rig bleibt man am Ende natür­lich zur wei­te­ren Ent­wick­lung mit Annie. Abge­scho­ben ins Hin­ter­land, ist zu befürch­ten, daß da außer gele­gent­li­chen Inter­mezzi nichts mehr pas­sie­ren wird.

Nach dem Epi­log kom­men in mei­ner kindle-Aus­gabe noch ein paar Sei­ten Autorin, Kat­zen, Ver­lag, Urhe­ber­rechte. Und dann kon­tex­tu­elle Lese-Emp­feh­lun­gen von Ama­zon. Der zweite Duval natür­lich und, das fand ich wirk­lich über­ra­schend, eine ganze Samm­lung wei­te­rer Süd­frank­reich­kri­mis von deut­schen Autoren. Eine Seite wie eine bunte Brief­mar­ken­samm­lung. Es gibt "Pro­ven­za­li­sche Geheim­nisse" und "Pro­ven­za­li­sche Intrige" – warum eigent­lich "z" und nicht "ç"? – von Sophie Bon­net, eine "Töd­li­che Camar­gue" von Cay Rade­ma­cher, "Ein Hauch von Tod und Thy­mian" von Ignaz Hold. Und so wei­ter. Vorne drauf durch­weg bunte Post­kar­ten-Pro­vence. In jedem Dorf der Pro­vence haben Deut­sche ihren Zweit­wohn­sitz und schrei­ben Kri­mis. Ob die alle von ihren Com­mis­saires leben kön­nen? Auf der ent­spre­chen­den Seite bei Ama­zon fin­det man noch viel mehr. Der Frank­reich­krimi wird in indus­tri­el­lem Maß­stab betrie­ben. Wei­tere Autoren, andere fran­zö­si­sche Regio­nen. Man­che schrei­ben unter ihrem rich­ti­gen Namen, Sabine Grim­kow­ski ver­wen­det ein Pseud­onym. Sophie Bon­net ist das Pseud­onym "einer erfolg­rei­chen deut­schen Autorin". Warum eigent­lich Pseud­onym? Ist es pein­lich, Kri­mis zu schrei­ben? Quatsch. Heike Kos­chyk schreibt eben noch eine andere Kate­go­rie Kri­mis. Es geht auch um die "Atmo­sphäre". Sagt sie in einem Inter­view mit dem NDR. Wahr­schein­lich eine Mar­ke­ting-Emp­feh­lung des Ver­lags. Ver­mut­lich gar nicht so abwe­gig. Manch ger­ma­ni­scher Klar­name, Tors­ten oder Anne­gret zum Bei­spiel, ver­mag nur wenig fran­ko­phi­len oder gar medi­ter­ra­nen Flair zu ver­mit­teln. Sophie und Chris­tine machen sich da auf dem Cover bes­ser.

Gerade zurück aus einer guten Woche Urlaub in der Bre­ta­gne kaufte sich meine Frau letz­tes Jahr "Un été à Pont-Aven". Jean-Luc Ban­nalec. Das klingt echt bre­to­nisch. Ein Krimi pas­send zu gerade selbst geleb­ten Ein­drü­cken. Sie war dann ein wenig ent­täuscht, als sie der Tat­sa­che gewahr wurde, daß es sich dabei um den ins Fran­zö­si­sche über­setz­ten Best­sel­ler "Bre­to­ni­sche Ver­hält­nisse" han­delte. Und der Autor eigent­lich ein Deut­scher in Frank­furt ist. Das meint Heike Kos­chyk – oder ihr Ver­lag – wohl mit atmo­sphä­ri­scher Wir­kung. "Un été à Pont-Aven" von Jörg Bong hätte meine Frau wohl nicht erwor­den. Viel­leicht nicht ein­mal "Bre­to­ni­sche Ver­hält­nisse".

Mit dem Pseud­onym ver­hält es sich wohl so wie mit Kin­der­fil­men und Kat­zen­bil­dern bei Face­book und You­tube. Bringt mehr Auf­merk­sam­keit.

Cor­dia­le­ment!

Miez


© Bertram Diehl, 2016. Abdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit aus­drück­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

bertram@​diehl.​fr

Castrop-Rauxel

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Bigaradier klein

Worte sind wie Laub, wo sie im Über­maß sind, fin­det man sel­ten Früchte dar­un­ter. Anton Kner

Für mei­nen Schwie­ger­vater stellt sein Fax­gerät das Maxi­mum an tele­kom­mu­ni­ka­tiver Hoch­tech­no­logie im Haus­halt dar. Es gibt kein Inter­net bei ihm. Kei­nen Com­puter. Von einem Handy ganz zu schwei­gen. Aus Über­zeu­gung. Und der Angst vor erra­ti­scher Dys­funk­tion und damit ver­bun­denen kryp­ti­schen Feh­ler­mel­dungen. Erra­tisch dys­funk­tio­nelle Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­logie kennt er nur aus sei­nem Umfeld. Du hast kein was? Kein Netz? Nimm doch das Tele­fon! Briefe schreibt er auf einer mecha­ni­schen Tri­umph-Adler aus den acht­ziger Jah­ren. Meine Frau wünschte, ihn nichts­des­to­trotz an mei­nen Tex­ten aus dem Blog teil­haben zu las­sen. Ein Online-Buch­dru­cker in Ber­lin gewährt ab 3 (drei) Exem­plaren 10 (zehn) Pro­zent Rabatt. Konnte der Schwabe in mir nicht wider­stehen. Nar­ko­se­pri­mat steht vorne drauf als Bezug auf einen Bei­trag aus 2015 und mein Name. Dazu das Bild einer Mimo­sen­blüte. Paßt zu Süd­frank­reich. Taschen­buch­for­mat. Mein Schwie­ger­va­ter bekam sein Exem­plar, meine Eltern eins und die Redak­teu­rin des Upper-Class-Maga­zins in Nizza. Die rest­li­chen bis auf ein Exem­plar gin­gen spä­ter auch nach Schles­wig-Hol­stein. Dort gibt es im Umfeld mei­nes Schwie­ger­va­ters noch mehr Senio­ren, die kein Inter­net haben.

Er liest jeden Tag darin. Sagt er. Meine Eltern auch. Sagen sie. Sie lesen das wohl so, wie man den Sinn­spruch aus einem Kalen­der liest.

Geseg­net seien jene, die nichts zu sagen haben und trotz­dem den Mund hal­ten. Oscar Wilde

Vor kur­zem emp­fahl mir ama­zon – warum auch immer – "How to be Ger­man in 50 easy steps" von Adam Flet­cher. Als Taschen­buch kom­pakte 144 Sei­ten. Das Ebook für 3,99 €. Deut­sche aus der Sicht eines ein­ge­wan­der­ten Eng­län­ders. Leip­zig oder Ber­lin, glaube ich. Fünf­zig Kapi­tel. Es fängt an mit Haus­schu­hen. Deut­sche haben Angst vor dem kal­ten Fuß­bo­den. Deut­sche ver­si­chern alles und blei­ben an roten Ampeln ste­hen. Auch drei Uhr nachts, ganz alleine. Deut­sche brin­gen immer Kar­tof­fel­sa­lat in Tup­per­do­sen mit und sehen "Tat­ort", ohne zu wis­sen, warum eigent­lich. Sie bezie­hen ihr Welt­bild aus SPIEGEL-ONLINE und ver­zich­ten auf diplo­ma­ti­sche Ver­brä­mung ihrer Wahr­hei­ten. Das kann man ganz ange­nehm über ein paar Kapi­tel lesen. Der Deut­sche ist im Tenor immer irgend­wie höl­zern, eher unchar­mant und vor­wie­gend psy­ch­o­ri­gide. Ab vier Kapi­teln wird das anstren­gend.

Wie ein Kalen­der mit Sinn­sprü­chen für jeden Tag. Ein Sinn­spruch pro Tag reicht. Oder der Nar­ko­se­pri­mat. Ein paar Kapi­tel pro Tag rei­chen.

Meine Eltern schlu­gen vor, die Ver­öf­fent­lich­tung über einen Ver­lag zu ver­su­chen. Warum auch immer. Weil man viel­leicht ein Buch gedruckt haben muß im Leben und einen Baum gepflanzt. Ich habe einen Oran­gen­baum. Das reicht. Mein Vater würde sich auch um das Mar­ke­ting küm­mern wol­len. Mußte ich dan­kend ableh­nen, bes­ser nicht. Nicht nur, aber auch wegen der Spaß­kom­po­nente, die ich mir erhal­ten möchte. Manch­mal gerate ich gefühlt schon unter Druck, wenn mir wie­der zwei Wochen nichts ein­ge­fal­len ist. Wenn ich mehr als eine Woche nichts schreibe, guckt außer mei­ner Frau kei­ner mehr. Die­ser Druck reicht mir schon. Die Spaß­kom­pen­tene lei­det dann. Ver­lage haben in ers­ter Linie Ansprü­che. Und den­ken zual­ler­letzt an mei­nen Spaß. Ein Schul­freund mei­ner Frau lebt vom Kri­misch­rei­ben. Nicht schlecht mut­maß­lich. Muß aber auch Lese­abende in irgend­wel­chen Gemein­de­zen­tren mit­ma­chen und Signier­stun­den in Buch­hand­lun­gen bestrei­ten. Lese­abende! Signier­stun­den! In Osna­brück. Zum Bei­spiel. Oder Oer-Erken­schwick. Das muß man wol­len, um es gut zu fin­den.

Nichts bewahrt uns so gründ­lich vor Illu­sio­nen wie jeden Mor­gen ein Blick in den Spie­gel. Aldous Hux­ley

Ich muß nicht davon leben. Es geht nicht um Geld. Eine Frage auch des Poten­ti­als. Des Poten­ti­als und der Illu­sio­nen wegen, die nicht gerecht­fer­tigt wären. Der Druck bei einem Ver­lag macht ein Buch nicht zum Best­sel­ler. Mar­ke­ting ist müh­se­lig. Wenn die "Zeit" mehr von mir wollte, würde ich auch für die "Zeit" schrei­ben. Meine Inhalte rei­chen nicht für die Zeit. Rei­chen auch nicht für eine auf­la­gen­starke Tri­lo­gie. Wenn ich den Mas­sen­ge­schmack so zu tref­fen wüßte wie Joanne K. Row­ling oder Suzanne Col­lins, würde ich sie­ben Bände Harry Pot­ter schrei­ben oder ein paar Tri­lo­gien. Mein Ver­lag würde sich um die Über­set­zun­gen ins Fin­ni­sche und Rumä­ni­sche küm­mern und die Film­rechte nach Hol­ly­wood ver­kau­fen. Zur Pre­mière würde meine Agen­tin ein paar Sui­tes in Can­nes buchen. Ein­schließ­lich Anreise für Fami­li­en­an­ge­hö­rige. Ich würde spä­ter Kapi­tel mei­ner Wahl lesen und Bücher signie­ren. Dann doch. In der Stadt­halle von Wal­den­buch mei­net­we­gen. Na ja, auch Schwä­bisch Hall. Viel­leicht sogar Cas­trop-Rau­xel.

Bis dahin mache ich eben noch Nar­ko­sen.


© Bertram Diehl, 2016. Abdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit aus­drück­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

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Virginia

"Endo­krine Erkran­kung des Magen-Darm-Trak­tes, bedingt durch das Auf­tre­ten von bestimm­ten Pan­kre­as­tu­mo­ren, pan­krea­ti­schen Gas­tri­no­men. … Leit­sym­prom ist die cha­rak­te­ris­ti­sche Trias: exzes­sive Magen­hyper­se­kre­tion, rezi­di­vie­rende Ulzera des Magens und gas­trin­pro­du­zie­rende Pan­kre­as­tu­mo­ren. … The­ra­pie nur chir­ur­gisch mög­lich: sub­to­tale Pan­kre­as­re­sek­tion, Gast­rek­to­mie."

Das steht so, leicht gekürzt, in mei­nem Pschy­rem­bel von 1982. Zum Zol­lin­ger-Elli­son-Syn­drom. Schön gereif­tes Medi­zi­ner­deutsch. Inhalt­lich nicht mehr ganz zeit­ge­mäß. In den Richt­li­nien zum Pro­be­auf­trag heißt es zwar "Uni­que Con­tent! Der Text darf kei­nes­falls kopiert oder abge­schrie­ben sein". Ein biß­chen umge­schrie­ben, in Nor­maldeutsch gebracht und inhalt­lich kor­ri­giert, und sie wür­den nicht mer­ken, daß es abge­schrie­ben ist. 1982. Das ist mehr als drei­ßig Jahre her. Sol­len sie erst­mal die Quelle fin­den.

Par­don?

Der Herr in Uni­form hatte was gesagt. Ich habe nicht ver­stan­den. Unwil­li­ges Hand­zei­chen in meine Rich­tung. Irgendwo in Rich­tung des Trans­port­bands mit mei­nem Lap­top, dem Ruck­sack und dem Gür­tel in Plas­tik­wan­nen. Stimmt was nicht mit mei­nem Gür­tel? Er könnte cein­ture gesagt haben. Er hat sicher nicht Bon­jour gesagt. Die Sicher­heits­kon­trolle vor den Gates ist nicht das Umfeld für über­flüs­sige Kom­mu­ni­ka­tion. Eher Hand­zei­chen, Ein­wort­sätze. Wenn über­haupt.

Chaus­su­res!

Er meint meine Schuhe! Ich muß meine Schuhe aus­zie­hen. Wegen der Rasier­klin­gen in den Absät­zen! Wie konnte ich das nur ver­ges­sen?

Die uni­for­mier­ten Herr­schaf­ten, eine Frau, ein Mann, beide Mus­ter­bei­spiele robus­ter Fehl­ernäh­rung, die jen­seits des Metall­de­tek­tors war­ten, mich dabei aller­dings nur als die Anzeige über mir wahr­neh­men, als rotes oder grü­nes Licht, sind auch nicht zum Quat­schen da. Ich scheine grün zu sein. Und werde im glei­chen Bruch­teil einer Sekunde unsicht­bar. Ver­mut­lich bes­ser so. Mein Bon­jour ver­hallt auch hier ohne erkenn­bare Reak­tion.

Halb sechs ist ande­rer­seits nun wirk­lich nicht die Zeit, zu lächeln oder an einen guten Tag zu den­ken. Das erste Lächeln ist zum Dienst­schluß gegen halb eins zu erwar­ten. Oder zum dis­kre­ten Hin­weis auf ein ent­deck­tes Sextoy in der Durch­leuch­tung. Das Lächeln immer und aus­schließ­lich unter Kol­le­gen, ver­steht sich. Wie­der­hol­tes publi­kums­ge­rich­te­tes Lächeln hat eine hand­feste Abrei­bung in der Umkleide zur Folge. Der Besuch eines Benimm­kur­ses in Eigen­in­itia­tive ist ein zwin­gen­der Grund für eine frist­lose Kün­di­gung.

Mög­li­cher­weise ist es eine Zol­lin­ger-Elli­son-Selbst­hil­fe­gruppe, die hier geschlos­sen Anstel­lung gefun­den hat. Alle­samt in aku­ter Ent­la­dung ihres Gas­tri­noms. Dazu die Tages­zeit. Das kann ich ver­ste­hen. Zur Péri­du­rale um halb vier krie­gen Schwan­gere und Heb­am­men auch nur ganz sel­ten ein ech­tes Lächeln von mir. Geht auch ohne Magen­ge­schwür nicht gut.

Robert M. Zol­lin­ger, ein ame­ri­ka­ni­scher Chir­urg schwei­ze­ri­schen Ursprungs, und sein Kol­lege Edwin H. Elli­son beschrie­ben das Krank­heits­bild 1955. Häu­fig bös­ar­tige Tumo­ren – Gas­tri­nome – meis­tens in der Bauch­spei­chel­drüse oder dem Dünn­darm, ver­ur­sa­chen eine starke Über­pro­duk­tion von Magen­säure. Die viele Säure führt zu chro­ni­schem Durch­fall, Fett­stuhl, Übel­keit, Erbre­chen, macht Magen- und Zwölf­fin­ger­darm-Geschwüre. Bauch­schmer­zen. Meist zwi­schen den Mahl­zei­ten, oft nachts eben. Na also! Kein Wun­der, daß die sich mor­gens um halb sechs so gries­grä­mig geben.

In einem Online-Por­tal für Medi­zin­jobs war ich auf das Ange­bot gesto­ßen: Frei­be­ruf­li­che Medi­zin­au­toren (m/w) in Home­of­fice. Home­of­fice könnte mir sehr gut gefal­len. Ich sitze im Schat­ten mit Blick auf Pal­men und schreibe medi­zi­ni­sche Popu­lär­wis­sen­schaft. Super! Ein Online-Dienst­leis­ter ver­gol­det meine Worte groß­zü­gig. Auch der Rest der Aus­schrei­bung paßt genau zu mir: ich habe Medi­zin stu­diert, schon län­ger her, aber immer­hin, ich kann medi­zi­ni­sche Sach­ver­halte leicht ver­ständ­lich erklä­ren, sofern ich sie selbst ver­stan­den habe, ver­füge über fun­dierte Kennt­nisse der deut­schen Recht­schrei­bung und Gram­ma­tik und ich schreibe gerne eigene Inhalte und habe "bevor­zugt" bereits erste jour­na­lis­ti­sche Erfah­run­gen. Letz­te­res viel­leicht nicht, aber ich habe schon in ZEIT ONLINE ver­öf­fent­licht und ich betreibe einen Blog. Das zählt bestimmt auch. Auf meine Mail mit Hin­weis auf den Blog kommt umge­hend eine Ant­wort: "Ihr Pro­fil könnte gut zu unse­ren Anfor­de­run­gen pas­sen, daher ist Ihre Bewer­bung in der nähe­ren Aus­wahl". Das ist natür­lich eine Quatsch­blase, das ist die Stan­dard­ant­wort. Kei­ner von denen wird sich in mei­nem Blog ein Bild von "mei­nem Pro­fil" gemacht haben.

Für das wirk­li­che Pro­fil wün­schen sie sich eine Pro­be­ar­beit, abzu­lie­fern als Word-Datei inner­halb einer Woche, "direkt an die Chef­re­dak­teu­rin", Vir­gi­nia M.. Ich darf wäh­len zwi­schen einem Text zu Sys­te­mi­schem Lupus Ery­the­ma­to­des und Zol­lin­ger-Elli­son-Syn­drom. Ein Text zu Defi­ni­tion, Syn­ony­men, Ursa­chen, Sym­pto­men (aus­for­mu­lierte Sätze, kein Auf­zäh­lungs­stil, die ein­zel­nen Sym­ptome im Text fett­ge­druckt her­vor­he­ben), Dia­gnose, Dif­fe­ren­ti­al­dia­gnose, The­ra­pie. Und all das in vier­hun­dert Wor­ten! Für das Zol­lin­ger-Elli­son-Syn­drom mag das ja noch ange­hen. Bei kom­ple­xe­ren Exo­tika wie dem Guil­lain-Barré-Syn­dom, nur um ein Bei­spiel zu nen­nen, wird das schon knapp. Es gibt noch Hin­weise zu häu­fi­gen Feh­lern. Zahl­rei­che Hin­weise, vor allem: "Uni­que Con­tent! Der Text darf kei­nes­falls kopiert oder abge­schrie­ben sein". Frage ich mich schon: Was kann es in der Medi­zin noch geben, was nicht schon tau­send Mal immer wie­der ähn­lich geschrie­ben und abge­schrie­ben wor­den ist?

Abschlie­ßend drei Zei­len zum Hono­rar: Nach "erfolg­rei­cher" Pro­be­ar­beit zah­len sie – zu Beginn – ein Hono­rar von 1,30 Cent. Je Wort. Eins. Komma. Drei. Null. Cent. Dies sei "stu­fen­weise stei­ge­rungs­fä­hig" auf bis zu 4,0 Cent. Je Wort. Vier. Komma. Null. "Je nach Qua­li­tät der gelie­fer­ten Texte". Okay. Ver­gol­den sieht anders aus. Vier­hun­dert kom­pakt aus­ge­feilte Worte, fun­diert, ver­ständ­lich und nicht abge­schrie­ben! Macht 5,20 Euro, stei­ge­rungs­fä­hig bis 16. Sech­zehn! Wahr­schein­lich inklu­sive Mehr­wert­steuer. Und dafür ohne Urhe­ber­rechte. Für 5,20 Euro die Stunde würde man sich ohne­hin kei­nen Anwalt zur Wah­rung der Urhe­ber­rechte leis­ten kön­nen.

Ver­mut­lich hatte der Redak­teur bei der ZEIT sol­che Ange­bote vor Augen. Oft wäre das Schrei­ben sehr frus­tie­rend, schrieb er in einer Mail. Wenn man auf das Schrei­ben zum Brot­er­werb ange­wie­sen sei.

In der Home­of­fice wäre das, auch im Schat­ten mit Blick auf Pal­men, Grund genug für ein Magen­ge­schwür. 5,20 Euro. Und wovon soll ich meine nächste Tank­fül­lung bezah­len? Nicht unbe­dingt Zol­lin­ger-Elli­son-Syn­drom, Magen­ge­schwür aber sicher. Was mir sei­ner­seits immer­hin das Pro­fil für die Secu­rité im Flug­ha­fen von Mar­seille ver­schaf­fen könnte. Ver­mut­lich auch nicht mehr als 5,20 Euro die Stunde.


© Bertram Diehl 2015. Abdruck, auch aus­zugs­weise, nur mit aus­drück­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

bertram@​diehl.​fr